Freitag, 29. Juni 2012
Jeden Tag
Fast jeden Tag ruft Victor mich aus Ghana an, um sich nach meiner Gesundheit zu erkundigen. Er schreibt auch sms und vergisst manchmal dabei, dass wir 2 Stunden in der Zeit weiter sind und ich dann schon oft im Bett liege und schlafe!
(Vielleicht ist ihm jetzt auch erst die Tragweite meines Besuches klar geworden, er braucht eben immer etwas länger für alles.)
Er hält sich immer noch in Accra auf und hat tausend Gründe nicht in seine Heimatstadt zurück zu fahren. Ich glaube, es gefällt ihm sehr gut bei seinem Bruder.

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Ja, ich habe weiterhin mitgelesen, bis zum Ende. Aber ich habe mich mit Kommentaren bewusst zurück gehalten, da ich etwas verwundert war. Vor der Reise warst du scheinbar freudig aufgeregt, Victor endlich wieder zu sehen, nach all den Jahren, du schriebst:
Es ist aber nur eine "Wiedervereinigung" in materialistischer Bedeutung, denn geistig-seelisch war immer eine Verbindung da. Daraus habe ich gelesen, dass Victor sozusagen dein Seelenverwandter ist (oder war?) oder ihr zumindest eine sehr enge Beziehung hattet bis zu dem Zeitpunkt als er wieder zurück nach Ghana gegangen ist und du dich entschieden hast, euer gemeinsames Kind nicht zu bekommen, aber auch noch danach. Bitte korrigiere mich, wenn ich irgendetwas davon falsch verstanden habe, aber dieser Eindruck entstand bei mir.

Und dann bist du in Ghana und schreibst ganz anders über Victor, sein Land und seine Landsleute. Bei mir ist nur hängengeblieben, dass du dich sehr oft negativ über ihn ausgelassen hast, ihn kritisiert hast, aufgezählt hast, was dich an ihm stört. Und nicht nur an ihm, auch am Land allgemein, an der Hitze, an der mangelnden Gastfreundschaft. Sicher, du hast nicht nur Schlechtes geschrieben, aber meiner Meinung nach doch überwiegend, sodass ich den Eindruck hatte, dass du die ganze Zeit mit so einer Flappe durch Ghana gelaufen bist - dabei hattest du dich doch vorher so auf die Reise und auf Victor gefreut.

Ich will dir wirklich nicht zu nahe treten, aber genauso wie du dir mehr Verständnis gewünscht hättest, als du krank warst oder als es dir schlecht ging, hättest du vielleicht etwas mehr Rücksicht gegenüber Victor zeigen können. Ich meine, er ist doch schon fast 70, wenn ich das richtig im Kopf habe, da ist man manchmal eben einfach langsamer und es kümmert einen nicht mehr so, was Andere von einem denken (bezüglich Bitte & Danke und so). Ich weiß, du bist nicht irgendjemand für ihn und ich kann mir eigentlich auch keine Kritik erlauben, weil ich eben einfach nicht in der Situation drin stecke, aber das waren meine Gedanken während des Lesens.

Und was mir auch noch aufgefallen ist: Dein ständiger Sms-Wechsel mit O. Ich weiß nicht, wer O. ist oder wie ihr zueinander steht, aber dadurch hatte ich das Gefühl, dass du eigentlich gar nicht richtig in Ghana angekommen bist, nicht wirklich da warst, nicht da sein wolltest, du quasi immer noch in Deutschland warst. So als hättest du dich gar nicht auf das Land einlassen wollen.

Trotz allem: Ich habe gerne mitgelesen, deine Geschichte verfolgt und ich hoffe wirklich, dass du mir meine Worte nicht übel nimmst, sie nicht falsch auffasst.

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danke fürs feedback!
Hallo,ebee,
oberflächlich gesehen hast du vielleicht recht,aber so ganz doch wieder nicht.
ich bin nicht mit einer flappe rumgelaufen,sondern als sehr offener und flexibler und geduldiger mensch. ich war vielleicht durch meine langen aufenthalte in tunesien verwöhnt und "vorbelastet" und habe ein ähnliches land und ähnliche leute erwartet(dumm von mir),denn afrika ist nicht afrika.
ich sage auch eindeutig,dass es eine ganz individuelle erfahrung ist,die ich gemacht habe und dass sie sich nicht verallgemeinern lässt.
jeder,der ghana besucht wird ein anderes land erleben. denn auch jeder kommt aus einem anderen individuellen grund dort hin. am wenigsten als tourist, denn tourismus gibt es nicht.
auch war ich blauäugig zu denken, ich treffe "meinen" victor wieder, denn menschen verändern sich ja auch im laufe der jahre,genau wie ich mich für ihn sehr verändert habe und er es oft nicht glauben konnte,dass ich so rede,wie ich rede.
24 jahre getrennte wege sind eben zu lang-unsichtbares band hin-oder her.
Und auch,als ich mir fest vorgenommen hatte, keine erwartungen an meinen besuch dort zu stellen,hatte ich ja doch welche und wurde maßlos enttäuscht.
Zum beispiel von der tatsache,dass er mir sein zimmer wo er wohnt nicht gezeigt hat. Dafür hat er sich ja auch hinterher entschuldigt. Ich fühlte mich so außen vorgelassen und oft verlassen. Dass ich mich dann natürlich an „die heimat“geklammert habe und oft unterstützung seelischer art dringend gebraucht habe, war klar und als ich dann noch so schlecht dran war, da war ich mit meinen gedanken sehr oft in deutschland bei meinen lieben,ich hatte stunden,wo ich nicht mehr daran geglaubt habe,lebend deutschland wiederzusehen. Es hört sich dramatisch an,war aber so.
Ich möchte mich nicht bei dir rechtfertigen,aber ich glaube,niemand kann sich in meine situation richtig hineinversetzen, auf der einen seite war meine mission sehr schwer, es ist schon ein „über den eigenen schatten springen“wenn man sich entschuldigen muss. Es ist aber auch irgendwie sehr lehrreich für mich gewesen, denn ich habe MICH kennengelernt.
Und natürlich victor auch. Ich habe mich oft dann berufen gefühlt, dafür zu sorgen,dass er wieder empathischer wird, sein herz öffnet und zuneigung zu mir zulässt. Doch es kam nichts mehr rüber. Jetzt ist er irgendwie wach geworden und ruft fast jeden tag an.aber für mich ist die sache beendet und abgeschlossen,so hart es klingt. Ich kann und will nichts mehr pflegen.
Und zu O. :eine schwierige geschichte.
Eine sehr schwierige geschichte.ich hatte auf meine heilpraktikerin gehört,die meinte,ich solle mal aufhören,mir die männer auszusuchen,das ginge ja immer schief, ich solle mich mal finden lassen. Gut, gesagt getan.und nun habe ich den salat!
Einen ganz ganz schwierigen menschen,der unsterblich in mich verliebt ist,(er wünscht sich ewige liebe) mit mir,aber ich liebe ihn nicht und er hat sich ,das hast du ja gelesen,unmöglich mir gegenüber benommen.
Ein chaot hoch zehn.doch plötzlich ist er wie verwandelt, versucht sich zu ändern,hat eine therapie beantragt,trinkt nicht mehr, versucht sein chaos zu beseitigen. Er sagt du hast mich zum positiven geändert.
Verblüffend ist, dass wir jetzt eine harmonische „beziehung“ haben,nachdem wir uns vorgenommen haben,dass wir keine beziehung haben,sondern nur eine sexuelle verbindung pflegen wollen. Sehr eigenartig. So etwas habe ich noch nie in meinem leben gehabt,vor allem dachte ich nicht, dass man sex und liebe so trennen kann.aber geht und komischerweise fange ich an,ihn gerne zu haben.ich versuche,alles locker zu sehen und doch fängt er an,mein herz zu erobern.
in einem anderen blog fand ich die meinung des schreibers,er möchte keine kommentare und keine meinungen hören.ich denke da ganz anders und bin sehr dankbar für (d)ein feedback. also weiter so, wenn es so sachlich ist,wie deins,dann ist alles gut.
ganz liebe grüße

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vielleicht ist es eine altersfrage: ich habe sie sehr wohl verstanden.

manchmal sind teile des lebens einfach erst dann abgeschlossen, wenn man ein wenig - oder auch ein wenig mehr - zeit hat verstreichen lassen (können), um dann noch einmal alles revue passieren zu lassen, erlebnisse, gefühle und fakten aus einem anderen blickwinkel betrachten kann - sowohl die eigenen, als auch die der anderen. und manchmal muss man die geschichten jemandem erzählen und erklären, oder eben aufschreiben, damit man sie selber verstehen kann. gerade einschneidende geschehnisse erfordern oft lange zeit bis man sie wirklich verarbeiten kann, wenn einem das überhaupt gelingt. sie haben, denke ich, das richtige getan: sie haben nachgesehen was aus victor geworden ist, und sie haben für sich mit der geschichte abschliessen können. das ist nicht allen menschen vergönnt, also sehen sie es als gewinn, auch wenn es doch teilweise ein wenig bitter gewesen sein mag.

auch für victor war es wohl nicht einfach, dieses wiedersehen. er hat es zu nichts gebracht, ist - so wie sie es beschrieben haben - von dem jungen, engagierten "studenten" zu einem müden, alten mann geworden, der nichts hat das er wirklich herzeigen kann und will. sind sie sicher dass sie sein zimmer sehen wollten? vielleicht hat er auch gedacht: und was wäre, wenn jetzt mein kind käme und sehen wollte wer sein vater ist, was sollte ich dann sagen? und dann war er vielleicht froh - vielleicht die ganze zeit über - dass es so und nicht anders gekommen ist. denn was wäre wenn ...

man hat viel zeit zum nachdenken, wenn man sonst nicht wirklich was zu tun hat, wenn keine eile mehr geboten ist, wenn nichts mehr da ist das man noch erreichen könnte oder wollte, nichts, das man hinterlassen will. hatte victor jemals eine eigene familie? hat er vielleicht die fröhliche, sich um konventionen nicht wirklich kümmernde junge frau erwartet, die er damals liebte?

24 jahre sind eine generation, ein vierteljahrhundert, und was hat sich in dieser zeit nicht alles getan?

ich will victor nicht verteidigen, aber was haben sie alles erlebt in dieser zeit, wo sind sie überall gewesen, und wie ist sein leben nach der abschiebung verlaufen? was können sie sich leisten, und was er? sind sie nicht wieder in sein leben hineingeplatzt wie ein wirbelwind, was sollte er all dem entgegensetzen können? wäre er als besucher mit geschenken aus afrika nach europa gekommen, in anzug und krawatte, mit einem tollen job und einem schönen haus mit klimaanlage und swimmingpool und drei bediensteten, dann wäre die begegnung vielleicht ganz anders verlaufen.

man weiss es nicht.

ich finde, sie haben ihre erlebnisse sehr neutral aufgeschrieben, ohne klage oder anklage, ich las nur eine grosse verwunderung heraus, und viele interessante kleinigkeiten über das land.

dass sie kontakt zu ihrem leben in deutschland gehalten haben, finde ich natürlich und normal. sie wollten ja nicht auswandern auf nimmerwiedersehen, sondern eben ein kapitel leben abschliessen, sonst nichts. manchmal muss das eben so sein.

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Ich bin wirklich gerührt, wie sehr Sie mich und meine situation und auch victor erfasst haben.das erfordert eine große soziale kompetenz und eine emotionale intelligenz! die haben Sie ,alle Achtung!
danke dafür!
die hypothetische Frage,was wäre wenn er als wohlhabender mann hier in deutschland aufgetaucht wäre, hat sich mir nie gestellt ,weil materielles nie für mich wichtig gewesen ist.ich weiß nicht,ob sie meinen blog verfolgt haben,wo ich meine liebesbeziehung zu einem mann in tunesien erzähle. auch da würden sie sehen und lesen, dass mir andere dinge,nämlich hauptsächlich die emotionen(bewegungen des herzens) am allerwichtigsten sind. aber ich glaube,das wissen sie schon längst.
ich lade sie trotzdem ganz herzlich ein,doch diese (wahre) geschichte einmal zu lesen und sende ihnen gerne den link dazu.ganz viel zeit mitbringen,vorne anfangen und gerne,liebend gerne wieder so ein wundervolles feedback senden. das ist balsam für meine seele! also:danke dafür!
groß und kleinschreibung gehen bei mir wegen der langsamkeit meiner tastatur wild durcheinander.ich bevorzuge hier direkt immer klein zu schreiben ,in meinen texten aber nicht.nur das am rande.
hier der link der ersten geschichte und dann müssen sie sich nach oben "robben" :-)
(es sind 49 teile)

http://meinchaosqueenleben.blogger.de/stories/1996414/

viel spaß und gute nerven!
eine meiner leserinnen hat eine große tüte kekse vor lauter aufregung beim lesen verdrückt.

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